Wieder mehr Leben im fünften Stock
Social Distancing wird zum geflügelten Wort. Telefon und Internet schaffen die einzige Gewissheit, dass wir allein, aber nicht einsam sind. Die eigenen vier Wände bilden die sichere Höhle und sind gleichzeitig der Ort, den man so unglaublich gerne für ein paar Stunden verlassen möchte. Wenigstens für ein paar Minuten?!
Körperlose Stimmen meiner Freunde und Familie sind Halt, Trost und mindestens so notwendig wie eine warme Mahlzeit. Ein wirkliches Treffen ersetzen die Telefonate nicht. Wir vertrösten uns gegenseitig und säen die Hoffnung auf ein baldiges Wiedersehen. Die Skypeverbindung stockt und friert das Gesicht meiner Freundin für drei bis vier Sekunden ein. Gerade hat sie die Augen geschlossen, als würde sie meditieren. Ein Moment der Ruhe, dem sofort Herzklopfen folgt. Nicht, dass die Verbindung komplett abbricht. Gerade sprachen wir noch über den Garten.
Was anderes sehen, in die Ferne blicken, Freunde treffen, gemeinsam lachen und die Frühlingssonne genießen. Unglaublich, aber selbst das sonst so verhasste Gedränge der Menschenmassen an den Knotenpunkten Berlins erscheint in der Erinnerung in einem wärmeren Licht.
Die Südausrichtung des Balkons ist meine Rettung und vor ein paar Tagen habe ich begonnen Schnittlauch, Lavendel und Majoran zu säen. Tatsächlich, die ersten grünen Spitzen durchbrechen die Erde. Ein kleines persönliches Erfolgserlebnis und erstes Zeichen für das Erwachen des Frühlings. Meine erdende Arbeit hatte einen weiteren und unerwarteten Nebeneffekt, sie lockte ein Eichhörnchen an, das mir nun schon zum zweiten Mal einen Besuch abstattete. Hier im fünften hätte ich viel erwartet: Krähen, Tauben und vielleicht Hummeln. Dass sich aber ausgerechnet ein Eichhörnchen hierher verirrt, kaum zu glauben! Da kommt wieder richtig Leben in die Bude, naja, auf den Balkon.