Dass man sich mit Anfang 30 Gedanken über die eigene Kindheit macht, kann vielerlei Gründe haben. Eigene Kinder etwa oder eine erste kleine Midlifecrisis können dafür sorgen, dass die eigene Kindheit noch einmal sprichwörtlich auf den Tisch gebracht wird.
Bei mir war es der Umzug meiner Mutter in eine weitaus kleinere Wohnung. Damit verbunden war nicht nur der Transport von Gegenständen, mit denen Kindheitserinnerungen verbunden waren, sondern auch das Aussortieren – ja, die notwendige Trennung – von Dingen, die nicht mit in das neue Zuhause umziehen durften. Reduzierung auf das Wesentliche und Wichtige, war das Motto. Aber was ist eigentlich wesentlich und wichtig? Der Gang in den Rumpelkeller war für uns beide unvermeidlich und dort stapelten sich wirklich viele Kisten. Viel Kindheit von mir, wenn man so will. Was mir dort im Keller begegnete, war die nackte, geballte und ehrliche Wahrheit. Ziemlich unsensibel und ohne Vorwarnung. Die dicke Staubschicht auf und der leicht muffige Geruch in den Kisten haben mir unmissverständlich klargemacht, dass meine Kindheit wirklich schon einige Zeit vorüber sein musste. So viel Staub konnte sich einfach nur über viele Jahre hinweg angesammelt haben.
Bis dahin war ich eine ziemliche Meisterin darin, das Gefühl aufrecht zu erhalten, dass meine Kindheit letztlich noch gar nicht so lange vergangen sei. Nun gut, die Tatsachen haben gesprochen, laut und überaus deutlich. Ich habe mich also nicht nur von alten Kuscheltieren, die bereits Ewigkeiten nicht mehr von mir beachtet wurden, verabschiedet. Ich habe auch die Entsorgung von aberwitzig vielen „Gemälden“ aus früherster Kindheit angeordnet, denn meiner Mutter fiel diese Trennung schwerer als mir. Für sie werde ich bestimmt immer Kind bleiben und wer könnte ihr dieses Gefühl verübeln? Ich aber hatte die Chance, mich ganz still und leise, mit liebevollem Blick von meiner Kindheit verabschieden. Kind darf ich dennoch bleiben und das tut häufig so unendlich gut.
Dennoch: Ich wollte folgenden Satz nie über die Lippen bringen, aber… Meine Güte, wie schnell die Zeit vergeht!