Der Junge im gestreiften Pyjama | John Boyne

Bereits im Vorwort heißt es an einer Stelle: „Wer zu lesen beginnt, begibt sich auf eine Reise mit einem neunjährigen Jungen namens Bruno. (Und doch ist dieses Buch kein Buch für Neunjährige.)“ Für mich beschreibt dieser Satz sehr genau, was beim Lesen von Literatur über die Zeit des Nationalsozialismus nicht vergessen werden sollte, nämlich, dass eine Unterscheidung zwischen Jugendliteratur und Büchern für Erwachsene hier nicht wirklich angewendet werden kann. Die Thematik ist zu wichtig und zu ernst, egal, welche Altersgruppe im Speziellen angesprochen werden soll.

Inhalt:

Der neunjährige Bruno wächst während des Zweiten Weltkrieges als Sohn eines SS-Offiziers (im Buch wird immer das Wort „Kommandant“ verwendet) in Berlin auf. Eines Tages teilt ihm seine Mutter mit, dass die Familie aus Berlin wegziehen wird. Sein Vater wurde vom „Furor“ befördert und erhält nun eine wichtige Aufgabe an einem Ort namens „Aus-Wisch“. Im neuen Zuhause fühlt Bruno sich nicht wohl. Alles wirkt trostlos, leer und kalt. Ihm fehlen seine Freunde, seine Großeltern und die ruhige Straße, in der die Familie in Berlin wohnte. Von seinem Fenster aus blickt Bruno auf einen merkwürdigen Zaun. Hinter diesem sieht er viele Menschen, die alle die gleiche Kleidung tragen: gestreifte Pyjamas. Bei einem Spaziergang am Zaun entdeckt Bruno einen Jungen namens Schmuel und freundet sich mit diesem an. Auch Schmuel trägt einen gestreiften Pyjama und lebt auf der anderen Seite des Zauns. Von nun an treffen sich die beiden heimlich an jedem Tag.

Als Brunos Mutter beschließt wieder nach Berlin zurückzukehren, möchte Bruno sich bei Schmuel verabschieden. Die beiden Jungen beschließen, dass Bruno an seinem letzten Tag für einen kurzen Besuch auf die andere Zaunseite kommt…

Meine Meinung zum Buch:

Für mich ein absolut lobenswertes und lesenswertes Buch! Die naive Sprache und kindliche Sicht stehen in heftigem Kontrast zur tragischen Thematik. Mich hat es sehr berührt, die Perspektive eines Kindes, welches schlichtweg auf der Suche nach einem Freund ist, einnehmen zu dürfen. Für Bruno spielten dabei ideologische Kategorisierungen keine Rolle. Vielmehr wird deutlich, was ein neunjähriges Kind bewegt – unabhängig in welchem Jahrhundert wir uns befinden. Bewegend ist auch, dass beide Kinder, die unschuldiger nicht hätten sein können, stellvertretend für unzählige Opfer des Nationalsozialismus stehen. Es ließ mich als Lesende erahnen wie viele Lebensgeschichten noch hätten weiter erzählt werden können.